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Ciao Alfi

26.10.2021 09:19

Ein Nachruf auf Alfi Burkard, Member Professional des ADC Switzerland, von Thomas Schöb.

Die Zeit ist die härteste Jury der Welt. Drum blättert in einem ADC-Jahrbuch aus den Achtzigerjahren, wer sich zynisch erheitern will. Was schreit einem da an masslos überschätztem Zeitgeist entgegen – grausam. (Grausam auch, weil es uns dereinst nicht besser ergehen wird.) Manchmal aber bleibt man bei einer Arbeit hängen: Die grafische Gestaltung ist maximal reduziert, und sie wird von einer verblüffend logischen Idee getragen. Das wäre auch heute noch gut, verdammt gut sogar. Der Blick senkt sich dann zu den Credits und neben «Art Direction» steht meistens «Alfi Burkard». Alfis Arbeiten sind zeitlos gut.

Beim Ideenaustausch redete Alfi über alles, ausser über das Briefing. Über alles, ausser über den Kunden, über alles, ausser über das Produkt. Alfis kreativer Prozess war Quecksilber. Dann plötzlich wurde es handfest, plötzlich war er da mit seinen Micro-Scribbles. Alfi war ein lausiger Zeichner, hatten wir seine Scribbles aber dechiffriert, staunten wir über die verblüffende Einfachheit seiner Ideen. Kein Wunder hat Alfi mit seinen Arbeiten pausenlos Awards gewonnen. Den letzten übrigens mit 75 Jahren: Silber beim ADC Switzerland für eine Einladung zu seinem Geburtstagsfest.

An Sitzungen war Alfi kaum anzutreffen. Der Ruf «Wo isch jetz de Alfi wieder!…» begleitete alle, die mit ihm zusammenarbeiteten. (Und auch alle, die mit ihm privaten Umgang pflegten.) Alfi entzog sich gerne, er entzog sich der Routine, dem Banalen, dem Unklaren. Und er entzog sich der Versuchung, sich selbst zu wiederholen: Jede von Alfis Ideen war frisch, von Grund auf neu konzipiert, jede Idee war ein Unikat.

So gerne sich Alfi entzog, so gerne ging er auf Menschen zu. Er lernte von den Besten, von Helmut Krone und Bill Bernbach bei DDB New York. Weil er einfach zu ihnen hinging. Er begegnete Milton Glaser und Herb Lubalin, weil er einfach zu ihnen hinging. Alfi lernte John F. Kennedy in einem Hummer-Restaurant in Maine kennen. Weil er einfach zu seinem Tisch ging. 

In seiner Stockholmer Zeit arbeitete Alfi nicht nur als Art Director in der Werbeagentur FCB und war nicht nur Mitglied des ADC Schweden. Er war auch Mitglied einer Theatergruppe und traf dabei Ingmar Bergman, sah seine Erstaufführungen. Alfi lernte Olof Palme und den berühmten Entwicklungspsychologen Jean Piaget kennen. Weil er einfach zu ihnen hinging. – Und da war Alfis Begegnung mit der Tochter von General Omar N. Bradley, dem Kommandeur der US-Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg in Europa und Nordafrika, wobei Begegnung hier nicht der treffendste der möglichen Begriffe ist.

Martin Suter, damals sein Creative Director bei der GGK Basel, habe Alfi einmal gesagt: «Schau dir einfach die Menschen genau an und die Ideen kommen.» – Das machte Alfi. Er konnte mit jedem blitzschnell in Kontakt treten, und er war ein äusserst sorgfältiger Beobachter. In Alfis Geist ist so ein dynamisches Netzwerk der Überraschungen und Inspirationen entstanden, eine Art Alfinet. Im Grunde waren Alfis Denken keine Grenzen gesetzt. Ausser jener einen. 

Alfi ist am Morgen des 21. Oktobers 2021 im Pflegeheim Golatti in Aarau verstorben. Bald wird Alfi bei seiner Frau Silv sein. Natürlich steht dort nicht einfach ein gewöhnlicher Grabstein, sondern eine vielschichtige Skulptur aus Glas, gestaltet von Alfi vor 22 Jahren. Und zeitlos schön.

Wo isch jetz de Alfi wieder.