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Warum echte Kreativität wie wahre Liebe ist

Das Netz und Fachbuchhandlungen quellen über vor lauter Tipps und Tricks, wie man so richtig kreativ wird: wie man ganz einfach auf gute Ideen kommt und wie man wirklich Neues schafft. Das meiste davon erinnert aber eher an fragwürdige Youtube-Videos mit fünfzehn Views, in denen erklärt wird, wie man über Nacht eine Million Views bekommton ein.

Manuel Wenzel

2021

Nein, zur Kreativität führt keine Abkürzung. Was man oft als Abkürzung missversteht, sind Techniken: Schreib- und Maltechniken, das Erlernen von Tonleitern oder der grundsätzlichen Strukturierung von Romanen, Novellen oder Kurzgeschichten. Aber das allein ist ebenso seelenlos wie Sextipps für bessere «Performance». Womit wir wieder bei den Youtube-Videos wären.

Ja, mit Kreativität muss man eine echte Liebesbeziehung eingehen. Und wie jede echte Liebesbeziehung kostet diese Arbeit, Einsatz, Leidenschaft oder, um ein neudeutsches Wort zu benutzen, «Dedication». Und Treue. Man muss sich um Kreativität bemühen. Denn den Kuss der Muse gibt es nicht mit Rabatt.

Auge in Auge mit der Kreativität.
Auge in Auge mit der Kreativität.
Collage: Tom Kees, Fotos: Getty Images

Rendez-vous
Stephen King und die Rasta-Legende Lee Scratch Perry schlossen sich oft tagelang in einen Raum ein. Da waren nur sie und ihre Kreativität, und dann legten sie los. Joanne K. Rowling ging indes den beinahe klischeehaften Weg, den viele Liebesbeziehungen gehen: Zunächst verabredete sie sich mit ihrer Kreativität in einem Café, dem wohl klassischsten Ort für erste zaghafte Flirts, um dann in der nächsten Beziehungsphase in ihr romantisches Gartenhäuschen zu wechseln – auf ein Tête-à-Tête sozusagen.

Die Natur als Inspiration.
Die Natur als Inspiration.
Collage: Tom Kees, Fotos: Getty Images

Unter freiem Himmel
Leonardo da Vinci, eines der vielleicht universellsten Kreativgenies, entführte seine geliebte Kreativität in die Natur, um sie dort zu verführen. Wie gut das funktionierte, sieht man daran, dass da Vinci nicht nur Maler war. Er war Architekt, Bildhauer, Musiker und vieles mehr, das heisst, er hat das Herz der Kreativität gleich mehrfach in seinem Leben erfolgreich erobert.

Nüchtern betrachten.
Nüchtern betrachten.
Collage: Tom Kees, Fotos: Getty Images

Im Rausch
Wer kennt es nicht?! Man wacht morgens nach einer rauschenden Nacht auf, und das Gegenüber wirkt plötzlich gar nicht mehr so umwerfend wie noch wenige Stunden und einige psychoaktive Substanzen zuvor. Wie die Liebe fordert auch die Kreativität nach anfänglichem Rausch eine nüchterne Überprüfung. Dies wusste auch Ernest Hemingway, dem das Zitat «Write drunk, edit sober» nachgesagt wird.

Ideen festhalten.
Ideen festhalten.
Collage: Tom Kees, Fotos: Getty Images

Je pense à toi! toujours
Nicht nur in der Schule schreibt man gern kleine verliebte Notizen an seinen Schwarm. Auch viele Kreative flirteten so mit der Kreativität. Woody Allen schreibt auf alles, was ihm in die Finger kommt, auf Servietten eines Restaurants, das Menu eines Flugzeugs oder die Bierdeckel seiner Stammkneipe. Seine Adressatin ist immer dieselbe: Kreativität

Den Kopf frei machen.
Den Kopf frei machen.
Collage: Tom Kees, Fotos: Getty Images

Mit Haut und Haar
Liebe wie Kreativität fordert, dass man sich ganz und gar auf sie einlässt. Deshalb hat sich die Kreativität auch unsterblich in Bob Marley, Eddie Vedder, Mozart und Frida Kahlo verliebt. Bevor es nämlich in die berühmten Tuff Gong Studios in Kingston ging, spielte der wohl berühmteste Rastafari gern und oft Fussball, genau wie Frida Kahlo. Der King of Grunge, Eddie Vedder, ging surfen, und Mozart spielte Billard. Das Resultat: Wenn sie danach ihr Date mit der Kreativität hatten, waren sie nicht nur körperlich fit, sondern zudem war ihr Geist leer. Sie konnten sich voll und ganz auf die Kreativität einlassen. Und welcher Partner wird nicht schwach, wenn man sich mit Haut und Haar auf ihn einlässt und dabei sogar ein bisschen verschwitzt riecht?

Spielend kreativ sein.
Spielend kreativ sein.
Collage: Tom Kees, Fotos: Getty Images

Achtung, Alltag!
Als die Beziehung zwischen David Bowie und seiner Kreativität beim Machen des «Heroes»-Albums einzuschlafen drohte, machte er mit der Kreativität das, was betroffene Pärchen dann oft machen: Sie spielten Gesellschaftsspiele. Genauer gesagt, Oblique-Karten, auf denen jeweils klare Anweisungen stehen, denen man «spielerisch» folgen soll. Und die beiden liessen sogar noch jemanden mitspielen: Brian Eno. Auf dessen Karte stand: «Mach, dass alles ähnlich klingt.» Und auf Bowies Karte: «Betone die Unterschiede.» Hört man das Resultat, findet sich genau das: ruhige Passagen, in die völlig verrückte Klavierakkorde praktisch einfallen. Interessanterweise entstand aus dieser Kartenkombination der Song «Sense of Doubt».

MANUEL WENZEL kommt am Besten auf Ideen, wenn er mit einer Aufgabe schwanger geht. Er leitet die Kreation bei TBWA\Switzerland als Executive Creative Director.

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