Das Gipfelgespräch
Ganz oben ist die Luft dünn, es weht ein eisiger Wind und man ist meistens ziemlich allein. Wer es dorthin schafft, hat Konstanz bewiesen, sich Herausforderungen gestellt und kann sich auf seine Seilschaft verlassen. Aber vor allem zeichnet die Person ein Ideenreichtum aus, um Schritt für Schritt wegweisend zu wirken. Wie Dörte Spengler-Ahrens und Thomas Wildberger, die einst beide als Kreative am selben Ausgangspunkt begonnen haben, bei JUNG VON MATT in Hamburg. Die aufstrebenden Talente von damals haben heute das höchste Amt im ADC Deutschland bzw. ADC Switzerland inne. Ein Austausch von Präsidentin zu Präsident.
Thomas Wildberger, Dörte Spengler-Ahrens
Thomas Wildberger:
Hallo Dörte, schön, dass wir die Gelegenheit zu diesem Gespräch haben. Ich erinnere mich noch an die Anfänge. Wir verfechten ja beide die gute Kreation, das haben wir gelernt, das wurde uns damals bei Jung von Matt eingeimpft. Und wir streben noch immer danach, dieses Niveau tagtäglich zu erbringen. Darum lautet für mich die Gretchenfrage: Will man lieber ausgezeichnete Werbung machen mit künstlerischem Wert, Mut und dem Anspruch der Neuartigkeit? Oder Werbung, die künstlerisch wertlos ist und trotzdem die Masse begeistert und das Produkt top verkauft. Wofür du und ich uns entschieden haben, ist selbstredend. Aber ist der Einsatz den Preis wert und wie motivieren wir andere dafür?
Dörte Spengler-Ahrens:
Ich bin aus freiem Idealismus ADC Präsidentin geworden, die erste Frau, die das Amt innehat. Ich glaube an die Kraft der Kommunikation. Für mich ist der Club nach wie vor essenziell für die Branche, da wir die wichtigste Benchmark sind bzw. aus unserer Selbstdefinition heraus der Maßstab. Deswegen ist eine Auszeichnung beim ADC schon wesentlich für diejenigen, die das beruflich machen, weil ihnen dadurch eine Würdigung ihrer Arbeit widerfährt, die Renommee mit sich bringt.
TW: Ich bezeichne uns immer als die höchste Instanz, wenn es um kreative Kommunikation geht. Wir trennen die Spreu vom Weizen. Unser Purpose lautet ja nicht umsonst: Wir verbessern die Werbung, indem wir sie jurieren. Der hat nichts an Relevanz verloren. Die Frage ist mehr: Sehen nur noch wir das so, die in diesem Verein Mitglied sind, und ein paar Kunden, oder ist darüber hinaus die Bedeutung weiterhin gegeben. Anerkennt man uns als Autorität, welche die Benchmark definiert? Mein Gefühl ist, dass wir weniger Bedeutung haben. Früher hat man über uns Werber in den Medien berichtet – auch außerhalb der Fachpresse – und man kannte die Agenturen. Heute wirkt es ein wenig so, als würden wir den Aufwand nur noch für uns betreiben. Ich überlege oft, wie wir es schaffen, dass ausgezeichnete kreative Kommunikation wieder mehr Gewicht erhält, dass Kunden an diese Kraft glauben.
DS-A: Es ist ja seit Jahren ein umstrittener Punkt: Ist Kreativität Selbstzweck oder ein Erfolgsbringer. In der Vergangenheit lautete der ADC Claim in Deutschland: Kreativität lohnt sich. Man hat sogar Studien in Auftrag gegeben, die herausfinden sollten, ob kreative Werbung besser funktioniert als Reklame. Heute lächelt man darüber, weil jeder und jedem klar ist: Je kreativer die Werbung, je einfallsreicher, überraschender, Insight getrieben und auf den Punkt konzipiert, desto mehr Erfolg hat sie. Mein persönlich bester Beweis ist Zalando. Das Unternehmen hat zu Beginn mit 30 Millionen Werbeunterstützung im Deal mit Pro 7 in Eigenregie einen Spot hergestellt. Nach einem Jahr hatten sie neun Prozent gestützte Bekanntheit erreicht. Dann kamen wir mit „Der Mann im Schuhschrank“ und „Schrei vor Glück“ und hatten nach einem Jahr 90 Prozent Bekanntheit. Zusätzlich schoss der Markterfolg nach oben mit der Kampagne. Für mich hält das als ein eindrucksvolles Beispiel stand, dass Penetration nichts ist und Emotion alles. Im Zuge dessen ist Kreation das Mittel. Mehr Argumente brauchen wir nicht, denn die Menschen unterscheiden durch ihr Kaufverhalten. Auf dem baut sich die Wichtigkeit von Kreativawards auf.
TW: Die Schwemme an Kreativawards macht die Arbeiten nicht unbedingt besser.
Thomas Wildberger und Dörte Spengler-Ahrens
Bild: Erwin Gepting
DS-A: Alle Partner von Jung von Matt haben einmal offen darüber nachgedacht, ob wir überhaupt noch an Awards teilnehmen wollen, weil wir fanden, nach 30 Jahren wissen alle Talente und alle Kunden, wofür wir stehen. Ich habe mit Gremien und Einzelpersonen Interviews geführt und unter Pitchveranstaltern eine Umfrage gemacht. Das Fazit lautete: Das Nummer-1-Kriterium dafür, welche Agenturen zu einem Pitch eingeladen werden, ist die Kreativität, die Kunden aus den Kreativrankings ablesen. Da nichts so alt ist, wie der Erfolg von gestern, kommt Awards ein erstaunlicher Stellenwert zu.
TW: Man muss das ja auch für sich selbst machen. Wenn du nicht in den Wettkampf gehst, dann kannst du dich selbst nicht übertreffen. Es braucht diese Wettbewerbe, sonst wird man langsamer und weniger innovativ. Aber ich halte es wie Jean-Remy, der mir mal gesagt hat: „Es gibt nur zwei Awards, die relevant sind: Cannes und der ADC.“
DS-A: Sie sind und bleiben die renommiertesten aufgrund ihrer Tragweite. Die Kreativen im Team wünschen sich, dass ihre Arbeit geschätzt und gewürdigt wird. Sie freuen sich über die Anerkennung durch die besten Juroren der Welt. Das macht stolz – und fördert Karrieren.
TW: Zalando kann als ein gutes Beispiel herhalten. Dem könnten jedoch mehr folgen. Ich habe das Gefühl, das Verhältnis von den Arbeiten, die etwas gewinnen bzw. den Kunden, die solche Arbeiten wollen, ist extrem unausgeglichen. Es ist sehr wenig, was wir auszeichnen. Das erachte ich einerseits als gut, weil es sich tatsächlich nur um das Beste handelt, andererseits scheint der Bedarf nicht riesig. Unsere Rolle als ADC besteht auch darin, den Kunden aufzuzeigen: Guckt, das ist die Art und Weise, wie ihr es machen müsstet. Leider sehe ich dort keine Entwicklung. Oft bleibt es bei einem Strohfeuer, weil Kreativität nicht aus der Markenstrategie herauskommt. Es müsste nachhaltiger passieren, in der DNA eines Unternehmens verankert werden. Wie schaffen wir es, dass mehr bessere Werbung in Auftrag gegeben wird?
DS-A: Ich glaube wie du, dass der ADC so eine Art Leuchtstern darstellt: Seht her, das ist möglich, wenn der Kunde die Agentur kreativ sein lässt. Früher gab es häufig den Vorwurf, wir würden Goldarbeiten, „Kunst“ oder Pro-Bono-Arbeiten auszeichnen. Das ist deutlich anders geworden. Es gewinnen real existierende, real gebriefte, real umgesetzte große Kampagnen. Das honorieren die Kunden, weil sie vor Augen geführt bekommen, dass man es mit Kreativität im Extremfall von der Hate-Brand zur Love-Brand schaffen kann. Manchmal fehlt ihnen noch der Mut, sich innerhalb des Konzerns dazu zu bekennen. Aber die Tendenz wird stärker.
TW: Es gibt Bereiche, die viel Potenzial bieten wie Hygienartikelwerbung oder Waschmittelwerbung. Man könnte dort ansetzen.
DS-A: Unbedingt, siehe die Always-Werbung „Like a Girl“. Nachdem Procter & Gamble Ewigkeiten auf die blaue Ersatzflüssigkeit in der Bindenwerbung gesetzt hatte, trauten sie sich etwas. Diese Imagekampagne hat sie in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen. Zudem hat sie den Abverkauf mehr angekurbelt als alle Performancemarketingstrategien.
Dort wo alles begann. Dörte und Thomas vor dem Hauptsitz der Agentur Jung von Matt in Hamburg
Bild: Erwin Gepting
TW: Ich würde mir viel mehr solcher Cases wünschen. Logischerweise hätten ja Unilever und Kollengen nachziehen müssen. Ich habe mich auch einmal durchgekämpft und ein Umschwenken kurzfristig geschafft bei einem «fast moving consumer good»-Kunden, der zuvor nur Reklame gemacht hat. Endlich setzte er auf eine Kampagne, die so war, wie sie sein soll. Obwohl sie erfolgreich zwei Jahre lang lief, wurde danach alles wieder umgeworfen und man agiert wie vorher. Heute als ADC Präsident verstehe ich einen Teil unsere Verantwortung darin, die Mitglieder, die in Agenturen arbeiten, davon zu überzeugen, mehr zu kämpfen. Nur dann kommen gewisse Branchen tatsächlich ins Wanken und kippen in das, was gute Werbung genannt werden darf. Ich möchte mit gutem Beispiel vorangehen und es schaffen, dass die anderen mitziehen, damit man nicht immer mit dem Kopf gegen die Wand läuft in gewissen Branchen, die seit eh und je nur Reklame machen.
DS-A: Die einen oder anderen haben es immerhin versucht. Dove beäuge ich, seit sie vor 15 Jahren mit «Real Beauty» kamen. Am letztjährigen ADC Festival war der Kreativchef für Dove weltweit zu Gast. Er erzählte von den Hintergründen zu «Mary’s story», einem Spot mit Aufnahmen aus einer echten Familie mit einem magersüchtigen Mädchen. Er begleitet sie reportageartig bis zu dem Zeitpunkt, wo sie gesund und selbst Mutter wurde. Seit zwei Jahren retuschiert die Marke übrigens kein einziges Shooting mehr. Wie einst die übergewichtigen Frauen auf den Plakaten für Duschbad oder Hautcreme stellt das eine weitere Massnahme dar, mit der Dove die Welt verändert. Ihr Weg sollte vorbildlich für die Konkurrenz werden. Generell beobachte ich langsam die Auswirkungen all unserer Kreativität auf die mafo-gläubigen Sicherheitsbedenkenträger unter den Kunden.
TW: Wir haben letztes Jahr den ADCESG Award ins Leben gerufen, um mit ausgezeichneter Werbung die Welt zu verbessern.
DS-A: Das entspricht unserem aktuellen Motto und neuen Markenkern des ADC Deutschland: Change the world with creativity. Denn jeder Jurierende zeigt sich beeindruckt von Cases, die mehr sind, als nur die Produktvorteile passend hervorzuarbeiten. Wir haben 2023 den ersten Grand Prix für Grün vergeben. Dieser «Grüne Nagel» ist nach der UN-Charta ausgerichtet, das heisst die Arbeit muss einen nachweislich herausragenden Einfluss auf mindestens eines der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen haben und eine innovative Herangehensweise aufweisen. Der erste Gewinner war EKIN, die nicht nur den Namen Nike umgedreht, sondern die «erste Welt / dritte Welt»-Thematik umgekehrt haben. Unseren nächsten Kongress widmen wir hauptsächlich Cases, welche die Welt nachweislich verändern. Ein Beispiel stammt von Marco Venturelli von Publicis Frankreich, der ein Airbnb-System für Ladestationen propagiert und damit einen Impact auf die französische E-Mobilität genommen hat.
TW: Wir versuchen, die Realität auch zu verändern, indem wir im letzten Jahr ein Leadershipprogramm für weibliche Führungskräfte etabliert haben und nun eine Gender Compensation lancieren. Legst du als Präsidentin ein Augenmerk auf Frauenförderung?
DS-A: Wir haben 13 Prozent weibliche Führungskräfte in der Kreativbranche und auch der ADC hatte eine klägliche Frauenquote. Ich bin angetreten, um diese Missstände zu beheben. Als eine meiner ersten Aktionen habe ich den Aufruf veröffentlicht: «all together now». Frauen müssen erwiesenermassen extra motiviert werden. Wir glauben zu oft, wir seien nicht gut genug. In meinen ersten Amtsjahren haben wir 66 Frauen aufgenommen in den Club. Aber noch zu wenige von uns lassen sich aufstellen, um in die Jury gewählt zu werden. Toll ist, dass ich als Jury Chairwoman für das Festival 2024 Jo Marie Farwick gewinnen konnte; ein super Vorbild für junge Frauen. An unseren ADC Future Females Kongress kommen mehr als hundert Teilnehmerinnen, um in einem Safe Space zu diskutieren. Es gibt in der Tat eine Wahnsinnsnachfrage und wir machen Schritte in die richtige Richtung, aber noch keine Sprünge.
TW: Ich wusste immer, dass aus Jo Marie etwas wird. Sie war mal meine Juniortexterin und hat einen Claim für den BMW M3 gemacht: Zeigt Grenzen die Grenzen. Da wusste ich, aus der kann was werden. Es freut mich zu hören, wo sie heute steht.
DS-A: Ich mache demnächst beim Gerety Award mit, der eine reine Frauensicht bietet, weil er ausschliesslich von Frauen juriert wird.
TW: Es wäre spannend zu wissen, ob die Ergebnisse die gleichen sind, wie von einer gemischten Jury.
DS-A: Analysen zeigen, dass weibliche Kreative Werbung relativ ähnlich sehen wie ihre männlichen Kollegen. Beim Lia 2023 sassen fünf starke Frauen in der Jury. Das war ein Hammererlebnis, weil ich die Ausgewogenheit deutlich spüren konnte. Die Männer waren nicht mehr die alleinigen Wortführer.
TW: Ich habe mit meinem Amtsantritt in der Jurierung etabliert, dass die Jurypräsidenten in der Pflicht sind, alle zu Wort kommen zu lassen. Sie sind angehalten, die Diskussion wirklich zu fördern, explizit die Frauen aufzufordern ihre Meinung kundzutun. Das hat bereits etwas bewirkt. Es gab immer mal wieder Arbeiten, die Stereotype bedienen. Einige weibliche Members haben eingewandt, dass sie sich damit überhaupt nicht abgeholt fühlen und mit der Darstellung ein Problem haben. So gab es eine ungewohnte Diskussion und ein bisschen andere Resultate. Das gilt nicht ganz oben bei den Spitzenarbeiten, wo meist Einigkeit herrschte.
DS-A: Wir hatten lange mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass sich die alten weissen Männer gegenseitig in die Jury wählen. Das haben wir verändert, indem wir die Fachbereiche und das Knowhow dafür gematcht haben.
TW: Das Stichwort alte weisse Männer ist interessant. Wie geht ihr damit um, wenn eine Person bei der Aufnahme in den ADC – die Voraussetzungen erfüllt hat, dem aber mittlerweile nicht mehr so ist? Einmal Mitglied, immer Mitglied, ohne dass jemand den Standard auf der Flughöhe laufend bringen muss?
DS-A: Das Thema ist ein Riesenzankapfel. Manche fordern, dass nur, wer in den letzten zehn Jahren mindestens fünf Auszeichnungen beim ADC gewonnen hat, jurieren darf. Andere sagen, das geht gar nicht, weil brillante freie Kreative oder geniale Einzelkünstler dann wenig Chancen auf eine Auszeichnung hätten. Bis heute gilt darum: Ein ADC Mitglied hat unglaubliches Kreatives geleistet, das ihn oder sie dazu qualifiziert, ein Mitglied zu bleiben.
TW: Wir sind mittlerweile über 200 Personen, die alle das lebenslange Juryrecht bekommen, weil wir davon ausgehen, dass gute Gründe für ihre Aufnahme gesprochen haben. Sie dürfen Shortlist und Bronze jurieren. Danach wird man in die Goldjury gewählt. Das machen die Wählerinnen und Wähler nach bestem Wissen und Gewissen. Wem trauen sie zu, dass er oder sie in der Lage ist, herausragende und wegweisende Kreation nochmals unterscheiden zu können? Wir kriegen die Juryliste Jahr für Jahr sehr fair hin. Ich bin als Clubpräsident auch Jurypräsident und leite die Goldvergabe stets mit folgenden Worten ein: «Am heutigen Tag arbeitet niemand in seiner Agentur, es arbeiten alle beim ADC. Juriert die Arbeiten völlig frei.»
DS-A: Das klingt nach einer schönen Illusion.
TW: Bei uns funktioniert das in der Realität. In der Klasse haben die Mitglieder nahezu durchgehend die Größe, einem anderen etwas zu gönnen. Die stehen darüber und Ausnahmen lassen sich recht gut wegmoderieren. Wenn man darauf achtet, kann man gegen das Politisieren oder Absprachen in der Pause steuern. Sogar einen Grand Prix, für den es Einstimmigkeit braucht, haben wir letztes Jahr vergeben. Die Leute in der Goldjury können abstrahieren, sie haben selbst schon viel gewonnen und einen Reifeprozess durchlebt.
DS-A: Das finde ich außergewöhnlich. Bei uns wurde der Grand Prix auf die Fachbereiche ausgeweitet, damit zum Beispiel eine omnipräsente Werbekampagne, die alle gesehen haben, nicht mit einem Nischen-Editorial konkurriert. Wir haben ein bisschen David gegen Goliath ausgehebelt und die kleineren Fachbereiche gestützt wie Editorial, Digital, Kommunikation im Raum.
TW: Ich bin gespannt darauf, wie die Jurys mit Arbeiten umgehen werden, die mittels KI entstehen.
DS-A: Ich habe in all den Jahren gelernt, dass ich dem Urinstinkt der Jurys vertrauen darf. Es gab mal eine Zeit als Apps total heiß waren und wir ertrunken sind in eingereichten Apps. Der Hype flaute schnell wieder ab. Dasselbe Phänomen erlebten wir vor drei Jahren mit NFTs. Ich bin mir sicher, dass auf uns eine KI-Kreationsflut zukommt. Die werden wir mit dem gesunden Menschenverstand und Bauchgefühl richtig einzuordnen wissen. In der Exekution braucht man viel KI, aber seltener in der Konzeption. Meines Wissens gibt es noch keine KI, die sich eine Kreation erdacht hat. Wie werdet ihr das Thema handhaben?
TW: Ganz ähnlich. Du hast es gerade angedeutet: KI kann nur rechnen, nicht denken. Deswegen mache ich mir um die Denkarbeit keine Sorgen, die von Menschen kommt, die dann die Technologie zur Unterstützung nehmen. KI ist einfach die gesteigerte Form anderer Tools, derer wir uns sukzessive bedienen. Die Ergebnisse werden vielleicht verrückter, aber der Ursprung besteht aus der Idee. Dafür bleibt der Mensch gefragt. Einen Geistesblitz traue ich der KI – Stand heute – nicht zu.
DS-A: Unsere letzte ADC Kampagne hat genau das aufgegriffen: Change the world with creativity. Or let AI do it. Das haben wir gewählt, um vielen die Angst zu nehmen, dass die Technologie uns das Denken abnehmen wird.
TW: Um an die Zukunft zu denken: Wir sehen ein Nachwuchsproblem.
DS-A: Wir haben in der Hinsicht einiges getan, etwa die ADC Beats Konzertreihe, die man kostenlos besuchen kann. Oder der ADC Campus, von uns organisierte Thementage an Hochschulen. Nicht zuletzt der ADC Creative Club, bei dem sich Kreative in verschiedenen Städten dem Publikum vorstellen. Durch all diese Maßnahmen ist der ADC gefragter als früher, als man nicht mehr gemacht hat, als sich elitär zu finden.
TW: Wollen wir zum Schluss eine Anekdote von früher Preis geben?
DS-A: Als wir ganz frisch bei Jung von Matt waren, hat Holger Jung plakativ gewarnt: Sollte es je einen Betriebsrat geben bei ihnen, dann schließt er die Agentur. Prompt haben wir als Gegenbewegung «die Gewerkschaft» gegründet und unsere mittäglichen «Sitzungen» im Restaurant Nil am Pferdemarkt abgehalten bei Rhabarberschorle. Wir, der harte Kern von Seniorkreativen, war dort oft zusammen.
TW: An einem meiner ersten Arbeitstage kamst du mit einem Porsche vorgefahren. Da dein Kennzeichen mit einem D anfing, fragte ich: «Kommst du aus Dortmund?» Du hast ganz empört geantwortet: «Ich komme aus Düsseldorf».
DS-A: Ich habe in Düsseldorf studiert und bin von dort nach Hamburg. Eine Kollegin, die als AD in Hamburg arbeitete, hatte einen Porsche und ich habe mich gewundert, wie sie sich das leisten kann. Sie hatte ihn von einem Schrauber auf dem Land, wo ich mir bald darauf meinen geholt habe. Leider wurde mir das Auto nach einem Jahr geklaut. Die Freude währte nur kurz.
TW: Immerhin hast du den Sportwagen besessen. Und deine Berufung in Hamburg gefunden.
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