Bild: Samantha Casolari
Der Sound von Boy Harsher kommt mir vor wie mein erster Besuch im Berghain. Sie waren noch nie im weltberühmten Berliner Club? Lassen Sie es mich so erklären: Am Samstagabend, wo sich sogar Hollywoodschauspielerinnen in die Schlange vor dem Gebäude mit der neoklassizistischen Fassade einreihen und ein Grossteil der Masse (inklusive Elon Musk, Elias M’Barek oder Macklemore) bereits an der Tür abgewiesen wird, stehen nur hardcore Party-Zürcher an. Ich besuche die heiligen Technohallen nach der Ankunft am BER am Sonntagmittag – da ist die Schlange kürzer, der Türsteher aber genauso streng. Eben noch von der Sonne über der Hauptstadt geblendet, taucht man in eine Euphorie ein: hypnotische Rhythmen, dunkel, sexy, alles geht. Und wenn man wie ich direkt aus der Schweiz kommt, ist das natürlich eine totale Reizüberflutung. Tanzende Körper, halbnackt und auch mal ganz nackt. Dazu die Betonwände des ehemaligen Heizkraftwerks, die Säulen, das pulsierende Licht und die intensiven elektronischen Beats. Ein nicht enden sollendes High. Boy Harsher haben mich mit ihrer Musik – einer düsteren Mischung aus Synthwave und Industrial – ähnlich in ihren Bann gezogen wie die Atmosphäre im Berghain. Ein befreundeter DJ hat mir das Duo, bestehend aus dem Produzenten Agustus Muller und der Sängerin Jae Matthews, empfohlen und vielleicht geahnt, dass mich die treibenden Beats, getragen vom tiefen, eindringlichen Gesang stark an die Intensität der Clubnächte erinnern würden. Songs wie «Pain», «Fate» oder «Country Girl» gelten bereits als Gold-Standard in der Szene. Leider verpasst habe ich das Berlin-Konzert des amerikanischen Duos. Raten Sie mal, wo sie auftraten...
Jonas Wirtz, Moderator Radio 1
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