Winners
NOT FOUNDMENU
Img

Der Uhr. Die Uhr. Das Uhr

Eine Uhr ist Das Männeraccessoire, was die Marke IWC einst in der Headline «Der Uhr» plakatiert hat. Dabei haben Frauen oft sogar mehrere Zeitmesser, passend zum täglich wechselnden Outfit. Und was ist eigentlich mit den Nemos unter uns? Womit bzw. mit welcher Kampagne dazu spricht man non-binäre Personen an? Uhrmachermeister Sandro Bösch hat sich Zeit für ein paar Gedanken zum Thema genommen.

Sandro Bösch

share

linkedinwhatsapp

Eine Uhr ist nicht nur das Hauptaccessoire für einen Mann; viele hängen an ihr, weil sie sich das gute Stück zu einem speziellen Anlass gekauft haben (z.B. mit dem ersten großen Lohn). So ein Andenken hat einen eigenen Wert, den man sich bewahren will. Darum lassen Männer gern ihre Uhr instand setzen, etwa ein Erbstück, oder tragen ihr Sorge mit einer Revision, sodass sie stets auf Vordermann ist.


Als Fachkraft merkt man eine höhere Affinität von Männern zu technisch ausgefeilten Uhren. Wenn ich eine Sammlung betreue, ist der Großteil der Stücke vom Typ, der Mechanik, der Funktion her besonders, hat aber gar nicht so einen stolzen Preis. Jedoch hat es häufig auch zwei, drei Uhren dabei, die jemand als Wertanlage gekauft hat. Meiner Ansicht nach sollte die Freude an speziellen Funktionen den Ausschlag geben, denn wirklich Geld verdienen mit einer Sammlung ist Spekulation. Neben den drei Marken Rolex, Audemars Piguet, Patek Philippe im «Haute de Gamme»-Bereich, wo man sehr wahrscheinlich bei einem Weiterverkauf den Listenpreis wieder bekommt, gibt es erfreulicherweise ein paar alte Modelle, die an Wert gewinnen. Bei der Autavia oder der Carrera von Tag Heuer überwiegt das Angebot die Nachfrage. Beim Aufbau einer Sammlung muss man über Jahre hinweg Erfahrung haben, Preise und Modelle vergleichen, was etwas sehr Schönes an der Arbeit als Detaillist ist, sodass man eine Beziehung zur Kundschaft aufbauen und sie beim Sammeln unterstützen kann.


Frauen kaufen oft Quarzuhren, denn sie gehen von der Grundlage des Praktischen aus: Sie wollen in der Regel nicht an der Uhr hantieren oder sie alle paar Tage neu aufziehen. Meistens haben sie mehrere Modelle in Ergänzung zu ihrer Garderobe. Was passt heute zu meinem Look? Harmonieren


Ich warte auf das Revival der Taschenuhr: Mit ihr hat man Zeit dabei, die aber nicht ständig präsent ist.


das Armband, das Zifferblatt, die Steinchen mit dem Kleid? Das sind die Auswahlkriterien. Männer tragen Uhren eher länger durchgehend; selbst wenn sie mehrere besitzen, kommt die eine schon mal ein paar Wochen dran und erst dann holen sie eine andere aus der Schublade.


Longines oder Cartier stehen bei Frauen seit Längerem hoch im Kurs, wobei als Fachkraft oder Detailhändler die Beratung bei Longines noch mehr möglich bzw. nötig ist, in welche Modellrichtung (rund, eckig, etc.) der Kauf gehen kann. Bei Cartier weiß die Kundin meistens schon, was sie will, weil sie es an der Freundin, einer Celebrity oder in Kombination mit Schmuck gesehen hat.


Ich warte auf das Revival der Taschenuhr: Mit ihr hat man Zeit dabei, die aber nicht ständig präsent ist. Das ergibt eine andere Art von Zeiterlebnis und stellt eine Chance für die Uhrenindustrie dar, sich neu Gedanken zu machen. Diese Art der Zeitmesser ist außerdem nicht mehr konkret besetzt, sodass sich Frauen, Männer und non-binäre Personen damit identifizieren können. Grundsätzlich werden sich die Uhrenlinien nicht stark ändern, um inklusiv zu wirken, aber die Werbung im Sinne: Wie holt sie alle Menschen ab. Denn ob man non-binäre Personen anspricht, ist per se ein Generationenthema: Das Kommunikationskonzept muss auf die junge Generation hin ausgerichtet sein und nicht darauf, als was sich jemand definiert. In der Werbung muss also eine Uhrenfirma das „Wie“ und vor allem das „Wo“ (in welchem Kanal) herausfinden. Dann kann das Unternehmen seine Modelle an die Person bringen.


Die neue Verspieltheit, die momentan an den Tag gelegt wird, z.B. Oris mit der Kermit, kommt bei der Generation Z schon gut an. Ebenso die Tudor Black Bay Chrono pink oder die Omega Speedmaster „Silver Snoopy Award“ 50th anniversary. Auf der Anzeige war ein bloser Fußabdruck von Snoopy auf dem Mond zu sehen – ein toller Teaser und die Wartelisten für die Uhr waren nach der Werbekampagne voll. Diese Generation ist offensichtlich neugierig auf Uhren und es ist möglich, ihnen die Meilensteine nahezubringen wie es die Kooperation Swatch x Blancpain mit der Fifty Fathoms gemacht hat. Das Original können sich nur wenige leisten und so konnte ein neuer Zugang zu solch einer Ikone geschaffen werden.


Alles andere ist persönlicher Geschmack. Eine Marke muss keine Uhr entwerfen, mit der jemand seine Geschlechtsidentität am Handgelenk zur Schau tragen kann. Das ist unnötig. Wesentlich ist hingegen ein neues Einkaufserlebnis, das sich mehr ins Online-Business verlagert, weil jüngere Kunden sich im Internet oder über die Sozialen Medien informieren und auch eine Uhr auf diesem Weg kaufen. Das heißt, die klassische Kundenbeziehung verändert sich und man muss nicht mehr damit werben.


Männer, Frauen und non-binäre Personen ticken nicht sehr verschieden, wenn es darum geht, wie viel Geld sie für eine Uhr ausgeben. Wenn sie sich damit einen Wunsch erfüllen oder ein Ziel erreicht haben, symbolisiert die Uhr diesen speziellen Moment.

small image

SANDRO BÖSCH hat bei IWC bei der technischen Entwicklung des Doppelchronografen mitgearbeitet. Er ist Gründer der Zeit Zone Zürich, Uhrmachermeister und Ausbildner.

Weitere Artikel

Footer Logo