Die Regel
Man sollte ja keine synchronisierten Fassungen von grossartigen Spielfilmen schauen, sondern die Originalversionen. Aber manchmal gibt es Szenen, die auf Deutsch sogar noch besser sind als auf Englisch, wie bei «Im Auftrag des Teufels», wenn Al Pacino Charlize Theron rät, ihr Haar hochzustecken, damit man ihren schönen Hals sieht. Sie bedankt sich bei ihm für diesen Tipp. Und er entgegnet ihr diabolisch: «Die schlimmsten Schläge sind die Ratschläge».
Thomas Wildberger
Dem stimme ich eigentlich zu, denn Ratschläge sind etwas sehr Individuelles. Was für den einen funktioniert, kann für die andere höchste Konfusion bedeuten. Und dann gibt es noch die Tipps, nach denen keiner gefragt hat, das sind die allerschlimmsten, die meistens mit dem Satz beginnen: «Wenn du dir selber einen Gefallen tun willst, dann...». Eltern geben einem natürlich viel Gutes mit auf den Weg. Auch im Berufsleben hat man es immer wieder mit Personen zu tun, die wissen, wovon sie reden. Einige Ratschläge von Werbekoryphäen sind schon fast allgemeingültig (siehe Brönnis Nummer eins zum Verbrauchernutzen). Einer der berühmtesten ist sicher «Truth well told», das als Mantra von McCann Erickson bis heute Bestand hat. Schade, dass sich so wenige daran halten.
Mich selber haben mehrere durchs Leben begleitet. Angefangen bei dem, was meine Grossmutter immer gesagt hat: «Wenn du glücklich bist, versuche auf gar keinen Fall noch glücklicher zu werden.» Mein Vater hat mir dann geraten, nach Deutschland zu gehen, obwohl er wusste, dass ich meiner Mutter das Herz breche. Dort hat mich Jean-Remy von Matt empfangen mit den Worten: «Vergiss alles, was du in der Schweiz gelernt hast. Du fängst hier nochmals von vorne an.» Bei der Entwicklung eines Filmscripts für den Audi A8 hatte ich es mit André Kostolany zu tun, der nach einem Aktientipp gefragt wurde: «Der einzige Tipp, den ich Ihnen geben kann: Geniessen Sie das Leben. Und denken Sie mal über Aluminium nach.» Daraufhin habe ich einige seiner Bücher gelesen. In einem fand sich der Satz: «Höre genau zu, was dein Banker dir rät und dann mache genau das Gegenteil». Den habe ich für mich adaptiert, denn bei gewissen Leuten ist genau das der beste Rat. Beispiel gefällig? Kommt gleich.
Nach den ersten Erfolgen in der Branche musste ich an Bernhard Russi denken bzw. seinen Vater: «Junge, wenn du auf dem Podest stehst, vergiss nicht wieder runterzusteigen.» Der Skirennläufer hat das berücksichtigt und auch für mich sind Bescheidenheit und Demut per se ein guter Rat. Als wir die Agentur Römer Wildberger gründeten, hielt ich mich an die Devise: Nicht an die Konsequenzen denken.
«Aber was, wenn’s schiefgeht? Aber was, wenn’s niemanden interessiert?» Wem das im Kopf herumschwirrt, der lähmt sich selbst und macht es dann gar nicht. In dieser Zeit erinnerte ich mich an eine Aussage von Konstantin Jacoby: «In den 20ern ist es völlig egal, in welche Richtung du gehst. In den 30ern solltest du die Richtung kennen. In den 40ern musst du den Schuss abgeben.» Als ich in die Schweiz zurückgekehrt war, riet man mir: «Mach’ nie etwas selber». Da hielt ich es wieder mit Kostolany und tat genau das Gegenteil, machte alles selber, zumindest für eine gewisse Zeit, denn sonst ist man kein Leader. Nur so kann man mit gutem Beispiel vorangehen. Zeigen wie’s geht (unser ADC Motto). Nur so schaffte ich es, die Leute hinter mich zu bringen. Gerade in der Rolle des CEOs, wo ich viele Entscheidungen treffen musste, kam mir ab und an mein Vater in den Sinn: «Von drei Entscheidungen müssen zwei richtig sein. Die eine von den dreien, die vielleicht falsch ist, kann so falsch nicht sein, als dass man sie nicht korrigieren könnte.»
Zu den Tipps von Kollegen, Mentoren, Lehrern, Verwandten, Werbern kam die Hilfe seitens einer fremden Person in Form eines Coaches. Dadurch bin ich beim Buddhismus gelandet, der grundsätzliche Orientierung geben kann, beispielsweise durch die Erkenntnis: Nichts und niemand auf dieser Welt ist schlechter oder besser als ich. Deswegen möchte ich niemandem irgendetwas nahelegen. Wie eingangs gesagt, erachte ich Ratschläge als eine sehr persönliche Angelegenheit. Aber wenn es doch einen Rat von mir gibt, dann diesen: Höre ganz tief in dich hinein. Dort, in deinem Herzen, kennst du die Antwort.
Mich interessieren Geschichten, die davon handeln, wie Menschen weiterkommen. Darum habe ich im Rahmen dieses Magazins nach Tipps gefragt. Entstanden ist eine Mischung aus meiner Lebenserfahrung und konkreten Hilfestellungen. Eine kostbare Sammlung, denn auch wenn die Ratschläge sehr subjektiv gelten, können sie die eigenen Devisen erhellen. Wenn ich merke, dass eine befolgte Weisheit schon Jahrzehnte alt ist, sehe ich das als doppelte Bestätigung, dass ich offenbar auf einem guten Weg bin. Für den gilt: Kein Ratschlag bringt dich auf die nächste Stufe, er ist aber vielleicht ein kleiner Anstoss.
Arnold Schwarzenegger, Schauspieler und ehemaliger Politiker
In der Krise helfen die 7 Ps: Proper Prior Planning Prevents Piss Poor Performance.
Lorne Michaels, Produzent und Drehbuchautor
If you’re the smartest person in the room, you are in the wrong room.
Sir John Hegarty, Co-founder und Creative Director The Garage Soho & The Business of Creativity
Remove the headphones. The world is full of inspiration. Listen.
Be an optimist. You have to believe that you are going to have an impact and make the world a better place. Energy and enthusiasm are contagious.
Admire ideas not people. They don’t let you down.
Never exclude. Creativity is expression of self. Make sure you have as many different selves in the room as possible.
Peter Brönnimann, Kampagnen, Konzepte, Creative Direction
Drei Sätze haben mich in meinem Leben immer wieder begleitet und helfen mir noch heute in verschiede-nen Situationen.
Eine gute Werbeidee ist die verblüffende Dramatisierung eines relevanten Verbrauchernutzens. – Hansjörg Zürcher
Zeitdruck als Chance. – Peter Felser
Und für mühsame Tage ein Satz meines Vaters: Nur noch heute, dann ist morgen. – Hanspeter Brönnimann
Michael Conrad, ehemaliger Kretivchef Leo Burnett Worldwide
Mein Mentor, Kollege und späterer Geschäftspartner war Walter Lürzer. Ich traf ihn auf dem Weg von Kairo nach Wien in Frankfurt. Bat ihn, ein paar Seiten eines Filmscripts zu lesen. Er fand es lustig und meinte, ich sollte in der Werbung arbeiten. Werbetexter. Er arrangierte für den nächsten Tag ein Interview mit dem Textchef von Y&R und ich wurde eingestellt. Von Walter habe ich schnell gelernt, was Sache ist. Er empfahl mir drei Bücher zu lesen:
«Geständnisse eines Werbemannes» von David Ogilvy
«Werbung ohne Mythos» von Rosser Reeves
«Ist die Werbung noch zu retten?» von Howard Luck Gossage.
Was habe ich entnommen?
The consumer isn’t a moron; she is your wife. – Ogilvy
Wenn deine Werbung keine Idee enthält, wird sie vorbeiziehen wie ein Schiff in der Nacht. – Ogilvy
Unique selling proposition – Reeves
The most powerful force in advertising is the truth well told. – Gossage
Just because someone doesn’t buy, it doesn’t mean they didn’t get the message. – Gossage
What people want is not a brand or a product; what they want is a story worth sharing. – Gossage
If you’re a small fish, find a big pond and make a splash. – Gossage
In advertising, don’t be afraid to take risks. – Gossage
Failure is the price you pay for greatness. – Gossage
When everyone zigs, it’s time to zag. – Gossage
Mit diesem Input habe ich meinen Stil und meinen Weg fokussiert. In Bezug auf den Kommunikationsstil bedeutete das «thought-provoking». Wege hatte ich drei: Demonstration. Story. Demonstration innerhalb einer Story. Dabei war das Gegen-den-Strom-Schwimmen für jede neue Kampagne, die neue Standards in ihrer Kategorie und oft darüber hinaus in der Kommunikation setzte, der Grundgedanke. Auch der Hinweis, sich in der Werbung nicht vor Risiken zu fürchten, wurde eine Gegebenheit der Kreativität. Denn Kreativität ist immer neben jeder Norm. Ein bisschen daneben oder manchmal weit. Je öfter man daneben liegt, also verrückt ist, umso besser kann man damit umgehen. Ich denke, ich hatte mit diesem Input einen recht guten Start in der Werbung.
Cyrill Matter, Fotograf
Ich habe früher viel zu oft darüber nachgedacht, wie ich etwas genau machen kann, dabei Ideen hin- und hergesponnen, und sie dann doch wieder versanden lassen, weil ich angenommen habe, sie waren nicht gut genug. Ich hatte Angst, etwas falsch zu machen oder dass es nicht «outstanding» wird. Heute finde ich, dass man jede Idee, die sich gut anfühlt, einfach umsetzen sollte. Vielleicht wird es nicht die beste Arbeit, die man je gemacht hat, aber die Fehler, welche beim Entstehen passieren und die Hürden, die man dabei überwindet, sind das Wertvollste an einem Projekt. Denn jedes Mal gewinnt man an Erfahrung und wächst. Es gibt einige Mantras, die mich über die Jahre – auch aus einer Businessperspektive – begleitet haben.
Worrying is paying a debt you never owed.
Ich werde immer auf den Füssen landen.
Love the Process.
Lukas Amgwerd, Creative Director thjnk Zürich
Samuel Wicki hat mir immer gesagt: «Zuerst die Hose, dann die Schuhe.» An das denke ich heute noch oft. Bei allem Trubel und Durcheinander mit Deadlines, Briefings, Abstimmungen etc. ist das ein gutes Credo, um schön eins nach dem anderen zu machen. Alles andere bringt nämlich eh nichts.
Tyler Durden, Filmvorführer und Kellner
1. Regel: Ihr verliert kein Wort über den Fight Club.
2. Regel: Ihr verliert KEIN WORT über den Fight Club.
Pablo Schencke, Executive Creative Director & Partner bei thjnk Zürich
Zwei Ratschläge befolge ich bis heute und kontrolliere damit meine Ideen. Beide habe ich von Brock Davis bekommen, meinem «Creative Ideas»-Lehrer an der Minneapolis School of Advertising.
1. Die besten Werbefilme lassen sich in einem Satz erzählen.
2. Wenn man ein Plakat in eine Streichholzschachtel klebt und es trotzdem lesen und verstehen kann, funktioniert es.
Grit Wolany, Art Director, AI Scout, Artist
Ein Rat, der mich stets begleitet hat, ist «Versuche, mit den Besten zusammenzuarbeiten und immer von den Besten zu lernen». Leider weiss ich gar nicht mehr, wo genau ich das aufgeschnappt habe. Die «Dream big»-Attitude hat mich ermutigt und inspiriert. Und dies versuche ich auch jungen Studierenden und Kreativen in Gesprächen heute mitzugeben.
Zuerst die Hose, dann die Schuhe. – Deneke von Weltzien
Samuel Wicki, Executive Creative Director bei Ingo Zürich
Es sind schon fast Klassiker, die mich antreiben.
Schreib’ auch die schlechten Ideen auf. Die müssen erst mal raus, damit sich die guten frei entfalten können. – Jean-Remy von Matt
Ich habe auch als ECD noch bei jedem Briefing Angst vor dem weißen Blatt Papier, dass ich keine gute Idee haben werde. Das ist normal. – Götz Ulmer
Bei jeder Beförderung dachte ich: Was die neue Position von mir verlangt, das kann ich gar nicht. Und dann ging es trotzdem. – Nochmals Götz Ulmer
Julia Staub, Creative Director bei INGO Zürich
Das Tolle an unserer Branche ist, dass man mit so vielen unterschiedlichen, inspirierenden Persönlichkeiten zusammenarbeiten darf. Und dass man von allen was lernen kann.
Der wichtigste Mentor für mich war Professor Walter Lürzer. Er sah es als seine Aufgabe, der schrecklichste Kunde und Chef von uns Studierenden zu sein, den wir jemals in unserem Leben haben würden (O-Ton). Er wollte uns vorbereiten. Und das hat er. In seiner Klasse herrschte absolute Gleichberechtigung. Für alle zählte der gleiche Massstab: überraschende Ideen mit Stift auf Papier. Und extremer Durchhaltewille.
Abgesehen von Stift und Papier gibt es einen Satz von Walter Lürzer, der mich in der Arbeit stets begleitet: «Nichts interessiert Menschen mehr als andere Menschen.» Heute würde man «Human Truth» sagen. Warum das hilft? Erstens bin ich überzeugt, dass man nur richtig gute Werbung machen kann, wenn man sich mit Haut und Haaren für seine Zielgruppe interessiert. (Wie etwa die «Proudly Second Best» Kampagne für IKEA von INGO Hamburg zeigt.) Extrem skurrile Umsetzungen kommen immer dann besonders gut, wenn sie eine menschliche Wahrheit in sich tragen. (Wie Tescos «Become more Christmas», wo sich Menschen in Weihnachtsbäume verwandeln.) Technische Cases bewegen dann, wenn sie einen Funken menschliche Unperfektion haben. (Dass das auch für AI eine gute Idee ist, zeigt uns gerade Dove #KeepBeautyReal.)
Ein besonders schönes Beispiel ist gerade im Musée Visionnaire zu sehen: Die digitale Installation von Pepper Lebeck-Jobe war eigentlich nie als Kunst gedacht. Seit dem ersten Beziehungstag vor 15 Jahren signiert der Softwareingenieur und Schauspieler die E-Mails an seine Partnerin mit dem Duktus «I love you more than...». Mal liebt er sie mehr als funktionstüchtige Drucker, mal mehr als den Brezelkönig oder betrunken Tennis zu spielen. So zeigt man Interesse. Und ja, Herr Lürzer: «Extremer Durchhaltewille ist manchmal sogar noch wertvoller als eine richtig gute Idee.»
Nach meinem Studium habe ich Walter Lürzer noch zweimal zuhause in Salzburg besucht. Das Letzte, was mir der Mann, der in seinem Leben alles erreicht und besessen hatte, mit auf den Weg gegeben hat: «Das Wichtigste im Leben sind die Menschen.»
Götz Ulmer, Kreativer, Ex-JvM Vorstand, Ex-McCann CCO
Obwohl ich lange nachgedacht habe, fielen mir nur Ratschläge ein, die nichts mit Werbung zu tun hatten, wie der von Gottfried Helnwein: «Kunst muss sein wie Rockmusik». Oder der von Ted Nugent: «If it’s too loud, you’re too old», die ich mir als (abgeändertes) Credo für meine Laufbahn zu Herzen genommen habe. Ansonsten bin ich sehr gut damit gefahren keinen Rat anzunehmen und mein eigenes Ding zu machen. Sicher, es gab viele Tipps und Kniffe, die man bekommen bzw. sich abgeschaut hat, aber nichts wirklich Entscheidendes. Ich würde also eher damit gehen, keinem Rat zu folgen.
Lena Altorfer, Creative Strategy Office Altorfer & Partner
What is this really about? Eine simple Frage, um wirklich zum Kern der Dinge vorzustossen. Vielleicht ist sie eher etwas für Strategen, denn wir verlieren uns häufig in irgendwelchen Daten und Zahlen und sehen dann das Wesentliche oder Offensichtliche nicht mehr. Da hilft es, einen Schritt zurückzutreten, weg vom Lärm aller Berater, Marketingmenschen, Dashboards und was auch sonst noch alles so herumschwirrt. Also ganz bewusst in sich hinein hören und sich fragen: «Worum geht es hier im Kern wirklich». Die einzige Person, die ich nennen kann, die das wirklich beherrscht, sich nicht beirren lässt und stets die Dinge auf den Punkt trifft, ist ein Rabbi, dessen Podcasts ich jeweils höre.
«A truth well told» stammt aus irgendeinem Buch, keine Ahnung mehr aus welchem. Im Prinzip geht es darum, dass ein Insight, die Wahrheit über etwas (Produkt, Mensch, Marke) wichtig ist, aber dass das alleine noch nicht reicht. In der Serie «Comedian in cars getting coffee» sagt Jerry Seinfeld etwas Sinngemässes. Er diskutiert mit einem Comedian über die Aussage: «It’s funny because it’s true» und bezieht Gegenposition. Denn nur die reine Wahrheit alleine reicht nicht. Wie man es zum Ausdruck bringt, wie man es aufschreibt oder im Falle von Comedy «the delivery» ist genauso wichtig. Auch damit zusammenhängend, auch aus irgendeinem Buch, an das ich mich nicht erinnern kann, stammt ein Tipp für Texter: Schreib’ es erst einmal in Schlecht auf. Nur so, dass die Aussage stimmt. Und dann fängst du an zu «feilen».
Reverse thinking – von mir so benannt – beschreibt eine Denkweise / eine Aussage von Elon Musk ganz gut. Er gab vor Jahren ein Interview als Tesla gerade durchstartete. Die Interviewerin wies immer und immer wieder darauf hin, dass die Autos von Tesla ja auch vor allem gut aussehen, verwies also auf das Design und fragte, ob nicht und auch vor allem das Design Teil des Erfolgs sei. Elon Musk – sichtlich genervt und irritiert – wies sie folgendermaßen zurecht: «The reason we didn’t have electric cars wasn’t due to a lack of design.» In Zusammenhang mit der ersten Regel «What is this really about?» hilft es, als Stratege den Überblick nicht zu verlieren. Wenn Marketingmenschen antraben und sagen, sie brauchen z.B. ein besseres / größeres Logo, funktioniert es manchmal ganz gut, sie darauf hinzuweisen: «The reason you aren’t selling enough products isn’t due to the size of your logo.»
Remy Fabrikant, Creative Director & CEO
Stellen Sie sich also vor: Da sind Sie, ein junger, ambitionierter Art Direktor in den Achtzigerjahren, der glaubt, der Höhepunkt seiner Karriere wäre es, wenn dieser neue Apple Computer endlich mal machen würde, was Sie wollten, ohne dass Sie dabei einen Nervenzusammenbruch erleiden. Und dann, eines schönen Morgens, betritt Wolf Rogosky, der Grandseigneur der Werbewelt, Ihr bescheidenes Büro. Ich wusste damals noch nicht, dass er einer der kreativsten Köpfe Deutschlands war und nicht nur die legendäre Jägermeister Kampagne mit den alltäglichen Typen, die für den Kräuterlikör blödeln, entwickelt hatte, sondern auch erfolgreiche Kampagnen für IBM und Swissair umgesetzt hatte.
Aber Wolf war nicht nur ein kreatives Genie, sondern auch ein großartiger Mentor. Als er vorschlägt, zusammen mit Ihnen für Paul Gredinger, GGK International in Paris zu eröffnen, fühlen Sie sich plötzlich wie Amélie Poulain, die versehentlich in eine Episode von «Mad Men» gerutscht ist. Und so beginnt Ihr Abenteuer, bei dem Sie von einem naiven Computerfütterer zu einem wahren Zauberer der Werbekunst reifen.
Jede Woche, wenn die Zeit für unsere kulinarischen Exkursionen in irgendein Sterne-Restaurant kam, übrigens der Lohn des Wolfschen Mentorings, fühlte ich mich wie ein Astronaut auf einer Expedition durch das lukullische Universum. Und während wir uns durch Galaxien von Plats de Resistance und Petits Entremets kämpften, verteilte Wolf seine Weisheiten so beiläufig, als würde er die Bedienungsanleitung eines Toasters rezitieren. Jene über Geschäftspartner lautete: «Wenn du jemals einen Geschäftspartner haben möchtest, dann wähle ihn äußerst sorgfältig aus. Entscheide dich nur für denjenigen, dem du wirklich vertraust.»
Dieser Rat erschien mir zunächst so trivial, dass ich dachte, die dritte Flasche Condrieu war wohl zu viel des Guten. Und doch, er ist von großer Bedeutung, insbesondere wenn es um die Verwaltung von Finanzen geht. Vertrauen ist das Fundament jeder erfolgreichen Partnerschaft. Wenn man einen Geschäftspartner hat, dem man nicht vertraut, kann dies zu schwerwiegenden finanziellen Verlusten führen. Im schlimmsten Fall könnte der Geschäftspartner sogar das gesamte Vermögen deiner Familie gefährden. Deshalb ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen und sorgfältig zu prüfen, ob der potenzielle Partner wirklich vertrauenswürdig ist. Wolf erklärte mir, bei einem weiteren Glas, dass es Zeit, Geduld und Ehrlichkeit braucht, um das wahre Ich des Partners zu erkennen und Vertrauen aufzubauen. Wenn man einen Geschäftspartner gefunden hat, der dieses Vertrauen verdient, sollte man alles daransetzen, diese Beziehung zu pflegen und zu stärken. Eine offene und ehrliche Kommunikation ist hierbei essenziell, um Missverständnisse zu vermeiden.
Wolf lehrte mich, nicht nur auf das Offensichtliche wie Integrität und Fachwissen zu achten, sondern auch auf die subtileren Zeichen von Vertrauenswürdigkeit und gemeinsamen Werten. «Es ist wie bei diesem guten Wein», meinte er weiter. «Das Etikett mag beeindruckend sein, aber der wahre Test ist immer der Geschmack.» Und so beiläufig wie die Rechnung, die auf den Tisch flatterte, ergänzte er nach dem letzten Schluck: «Assumption is the mother of all Fuckups».
Heute, selbst in einer Rolle als Mentor, versuche ich, diese Mischung aus Weisheit und Witz weiterzugeben. Ich erzähle den jungen Hoffnungsvollen nicht nur, wie man einen Geschäftspartner auswählt, sondern auch, wie man die täglichen Herausforderungen mit einem Lächeln meistert – denn, wie Wolf noch mit einem Augenzwinkern anfügte: «Wenn du das Leben zu ernst nimmst, könnte es dich am Ende auslachen».
THOMAS WILDBERGER ist ADC Präsident und Partner bei der Beratungsagentur Prophet.
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