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Transformation fängt bei uns selbst an

Wer das Interview mit Richard David Precht in der ADC Sonderausgabe des NZZ am Sonntag liest, wird die Frage vermissen, wie sich Kreativität in Bezug auf Werbung verändern wird. Wir haben Deutschlands populären Philosophen mit diesem Thema konfrontiert, aber er fragte erstaunt, was Werbung denn bitte schön mit Kreativität zu tun haben soll. 

Thomas Wildberger

2021

Interdisziplinär wie ein Zehnkämpfer – wir müssen zu Daley Thompsons der Kommunikation werden
Interdisziplinär wie ein Zehnkämpfer – wir müssen zu Daley Thompsons der Kommunikation werden
Getty Images

Precht hat unsere Frage hoffentlich nicht auf Kampagnen wie die von Nike um Colin Kaepernick bezogen, sondern auf die 95 Prozent Werbung, die wir als Reklame bezeichnen. Also das, was Menschen normalerweise sehen, wenn sie nicht gerade im Cannes-Lions-Archiv stöbern. Dieses Missverhältnis von «guter» zu «nicht so guter» Werbung besteht, seit ich in dieser Branche arbeite. Doch jetzt gibt es einen Lichtblick: Das WEF hat Kreativität zur drittwichtigsten Kernkompetenz von zukunftsfähigen Unternehmen auserkoren. Das bedeutet, dass sich die Kreativleistungen von Organisationen, und damit ihre Strukturen, radikal ändern. Einmal mit der Demokratisierung von kreativen Kompetenzen durch digitale Player, aber auch mit Design Thinking oder Co-Creation. Dass «unsere» Kernkompetenz von der Wirtschaftselite aufs Podest gehoben wird, ist erfreulich, andererseits müssen wir erfahren, dass wir Werber, wenn es um Kreativität geht, nicht mehr die alleinige Hoheit haben. 

Die Integration von Agenturleistungen beim Kunden, Plattformen und auch Unternehmensberatungen fordern die ganze Kommunikationsbranche heraus. Vielerorts gilt das Motto «Kreativ sein kann jeder». Und das stimmt, denn moderne Software ist ein für alle leicht zu bedienender Enabler. Zudem befähigt Design Thinking jede und jeden, durch iteratives Vorgehen Innovationen hervorzubringen. Dies zeigt, dass jeder Mensch kreative Anlagen hat. Fliessen diese Talente in die Gestaltung von Produkten, Services und Geschäftsmodellen, macht das durchaus Sinn.
Heute geht es darum, Unternehmen zu helfen, adäquat und erfolgreich zu kommunizieren. Aber gute Kreativprodukte (zu denen auch Werbung gehört) zu erzeugen, ist wesentlich anspruchsvoller geworden. Es benötigt interdisziplinäre Mitarbeitende, und zwar auf allen Ebenen. Auch Daten und KI müssen im kreativen Prozess eine Rolle spielen, sind sie doch die reinste Inspirationsquelle.

Transformation fängt also auch bei uns selbst an. Agenturen müssen intern und extern zu Experten designgetriebener, co-kreativer Abläufe werden, und ausserdem in der Lage sein, unterschiedliche Bereiche und Spezialisten zusammenzubringen sowie Digital und Kommunikation von Anfang an zusammen denken.

Und der ADC? Der darf nicht länger als Club der Art Direktoren wahrgenommen werden. Das ist nicht despektierlich gemeint, sondern darwinistisch. Wir tun gut daran, uns weiter zu öffnen und alle willkommen zu heissen, die einen Beitrag zu Kreativprodukten leisten und das gesamte Spektrum moderner Kommunikation repräsentieren. Also aufgepasst, liebe Design Thinker, Produktentwickler, UX Designer, Creator etc., der ADC braucht und will euch. Und wenn ihr Design Thinkerinnen, Produktentwicklerinnen, UX Designerinnen und Creatorinnen seid, dann umso besser, so hätten wir gleich noch ein weiteres Missverhältnis geradegerückt: das zwischen Frauen und Männern in unserem Club.

THOMAS WILDBERGER ist ADC Vorstand und freut sich auf Bewerbungen für den ADC Switzerland unter: info@adc.ch

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